Zwischen Kindheit & Erwachsensein
Die Pubertät stellt in jeder Hinsicht eine stürmische Zeit dar. Sie ist geprägt von Umbruch und Veränderungen im körperlichen, geistigen, emotionalen und sozialen Bereich. Die Entwicklung verläuft in den einzelnen Bereichen nicht gleichzeitig. Meist eilt die körperliche Entwicklung den anderen Bereichen weit voraus. Jugendliche sehen oft körperlich voll ausgereift wie Erwachsene aus. Sie besitzen aber noch nicht die emotionale Reife von Erwachsenen. Pubertierende befinden sich in einer Zwischenstellung. Sie sind kein Kind mehr, aber auch noch keine Erwachsenen. Das führt häufig zu Überforderung, was Selbstständigkeit und Eigenverantwortung betrifft. Andererseits behandeln viele Erwachsene ihre Heranwachsenden noch wie Kinder, auch in Bereichen, die diese bereits selbst verantworten können.
Pubertät & Gehirn
In der Pubertät durchläuft das Gehirn einen weiteren Reifungsprozess. Dabei reift der Teil des Gehirns, der für Gefühle und Impulse zuständig ist (das limbische System) schneller als andere Gehirnareale. Dies erklärt, warum Gefühle teilweise impulsiv in Handlungen umgesetzt und nicht vorher über Vernunft hinterfragt werden sowie die charakteristische extreme Intensität jugendlicher Reaktionen auf Ereignisse. Diese heftigen Gefühlsausbrüche zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt werden durch Hormonschübe zusätzlich verstärkt. Ist der Dopaminspiegel zu niedrig, beginnt die Suche nach dem Kick, um die Ausschüttung dieses sogenannten Glückshormons wieder anzukurbeln. Weitere typische Verhaltensweisen Pubertierender sind Rückzug, Ignorieren oder Überhören elterlicher Aufforderungen sowie Aggressionen. Demgegenüber steht kindliches Herumalbern und anlehnungsbedürftiges Verhalten. Zwischen diesen Polen wechselt die Stimmung teilweise im Minutentakt.
Konflikte in der Pubertät
Jugendliche vernachlässigen in dieser Phase teilweise früher gepflegte Interessen und Hobbies. Das Engagement für schulische Verpflichtungen lässt zu wünschen übrig. Im Gegenzug steigt der Medienkonsum teilweise ins Unermessliche. Eine Beteiligung an Haushaltspflichten kann häufig nur durch mühevolle und/oder lautstarke Auseinandersetzungen erreicht werden. Das Verhalten der Eltern wird von Jugendlichen nicht selten als peinlich empfunden und dies wird auch so geäußert. Deshalb ist es für uns als Eltern wichtig, einen guten Umgang mit der eigenen Kränkbarkeit zu finden. Erkennen Sie die Phase der Pubertät als das an, was sie ist: ein enorm wichtiger Schritt in Richtung Selbstständigkeit.
Entwicklungsaufgaben in der Pubertät
Die Entwicklungsaufgaben, die Heranwachsende in dieser auch für sie äußerst schwierigen Zeit zu bewältigen haben, sind Herausforderung und Chance zugleich. Sie müssen ein möglichst stabiles Selbstbild und ein eigenes Wertesystem entwickeln. Sie gehen erste Liebesbeziehungen ein und entdecken ihre Sexualität. Außerdem müssen sie ihren weiteren Lebensweg planen, einen angemessenen Umgang mit Suchtmitteln erproben und vieles andere mehr. Diese Suche nach der eigenen Identität ist für die Jugendlichen häufig mit großer Unsicherheit und Selbstzweifeln verbunden.
Die Elternrolle in der Pubertät
In der Pubertät nimmt die Bedeutung der Beziehungen zu Gleichaltrigen zu und die zu den Eltern ab. Dennoch können Eltern ihr Kind auch in dieser Phase gut begleiten. Die Zeiten der Hierarchie sind vorbei. Kommunikation kann nun verstärkt auf Augenhöhe stattfinden, es wird diskutiert statt angeordnet. Versuchen Sie, weiterhin am Alltag Ihres Kindes Anteil zu nehmen. Hören Sie ihm interessiert zu. Nehmen Sie seinen Wunsch nach Selbstverantwortung ernst. Akzeptieren Sie Veränderungen mit Neugier statt Abwehr. Zeigen Sie echtes Interesse statt sich einzumischen oder zu kontrollieren. Stellen Sie Fragen ohne zu verhören. Nehmen Sie Positives wahr und genießen Sie die schönen Momente im Zusammensein mit Ihrem Nachwuchs. Sie werden weiterhin als Ratgeber geschätzt, wenn Ihr Kind sicher sein kann, dass es eigene Erfahrungen machen darf, die von Ihrem Rat abweichen. Auch eigene Erwartungen zu hinterfragen, kann in dieser Zeit hilfreich sein. Indem wir als Eltern unsere Fehler offen zugeben und damit zeigen, dass auch wir nicht perfekt sind, können wir die Beziehung zu unseren Kindern stärken. Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass Sie es als eigene Persönlichkeit annehmen und lieben, so, wie es ist.
Loslassen – zwischen Stolz und Wehmut
Der Prozess der Individuation ist für beide Seiten wichtig. Nicht nur Heranwachsende müssen ihren eigenen Weg finden und sich von uns Eltern abgrenzen, auch Eltern müssen ihren Kindern Autonomie zugestehen. Sie müssen sie eigene Wege gehen lassen, nachdem sich ihr Leben meist jahrelang stark um ihr(e) Kind(er) gedreht hat und eigene Interessen eventuell vernachlässigt wurden. Im Idealfall bleibt die emotionale Verbundenheit zwischen Eltern und Kindern gleich.
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„Wenn Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln,
wenn sie groß sind, verleihe ihnen Flügel.“
Johann Wolfgang von Goethe