Der Begriff „Angst“ ist für viele Menschen negativ besetzt, obwohl er einer der Urinstinkte für das Überleben ist. Die Angst (z.B. vor Fressfeinden) gab unseren Vorfahren Alarmsignale für den Körper. Sie löste entweder Angriffs- oder Fluchtreflexe aus.
Angst vor Fressfeinden brauchen unsere Kinder nicht mehr zu haben. Dennoch gibt es viele Kinderängste, die uns Eltern irrational erscheinen. Je nach Schweregrad und Dauer können sie den Familienalltag erheblich erschweren. Als Eltern möchten wir gern wissen, was „normal“ ist und was Anlass zur Besorgnis geben sollte.
Ernst nehmen und Verständnis zeigen
Wenn wir uns mit den Ängsten unserer Kinder beschäftigen, gibt es eine wichtige Grundregel: Egal, wie absurd uns die Ängste unserer Kinder auf den ersten Blick erscheinen, wir sollten sie ernst nehmen und versuchen, sie zu verstehen. Ängste, unter denen unsere Kinder leiden, sind nie lächerlich. Wir können gegen Angst nicht logisch argumentieren. Angst findet auf der emotionalen, also der Gefühlsebene statt, Logik auf der intellektuellen, also Verstandesebene. Gespräche auf diesen zwei unterschiedlichen Ebenen können nicht zum Erfolg führen. Sie tragen eher dazu bei, dass sich sowohl Kind als auch Eltern unverstanden fühlen.
Einige der häufigsten Ängste von Kindern und mögliche Lösungsansätze:
- „Fremdeln“, eine völlig normale Entwicklung im zweiten Lebenshalbjahr. Ungefähr zwischen dem 6. und 8. Lebensmonat zeigt das Kind plötzlich Abwehrreaktionen, insbesondere gegenüber Fremden, oft aber auch gegenüber vertrauten Personen (z.B. Großeltern). Ursache ist unter anderem die neu gelernte Fähigkeit der Kinder, vertraute und unvertraute Gesichter zu erkennen und zu unterscheiden.
Sie können Ihr Kind unterstützen, indem Sie es in dieser Phase auf den Arm nehmen, sobald Sie bemerken, dass es auf eine andere Person ängstlich reagiert. Es empfiehlt sich, dem Kind Zeit zu lassen, bis es von sich aus Kontakt aufnehmen möchte. Außerdem wird sich ihr Kind schneller beruhigen, wenn Sie als Eltern entspannt und positiv auf die andere Person reagieren und dem Kind somit das Signal senden, dass alles in Ordnung ist. - Angst vor dem Einschlafen & Albträume. Ab etwa zwei Jahren werden Kinder auf der einen Seite eigenständiger, haben aber auf der anderen Seite immer noch ein starkes Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit. Außerdem entwickeln Kinder in diesem Alter eine ungeheure Vorstellungskraft und die Grenzen zwischen Realität und Fantasie sind fließend. Monster, Gespenster, Hexen oder Zauberer könnten sich im Schrank oder unter dem Bett verstecken. Auch Erlebnisse und Bilder des Tages, Erschreckendes, Bedrückendes oder Unverstandenes, wollen verarbeitet werden. Wenn Kinder also in diesem Alter Angst haben und um Ihre Nähe bitten, tun sie dies nicht, um Sie zu ärgern, sondern weil sie tatsächlich der Überzeugung sind, dass Gefahren auf sie lauern.
Hilfreich können hier immer wiederkehrende Einschlafrituale sein, die zur Entspannung beitragen. Bei Albträumen können Sie vor dem Zubettgehen die Monster beispielsweise mit einem Besen aus dem Zimmer verjagen, mächtige Kuscheltierbeschützer positionieren oder ein Nachtlicht brennen lassen. Da auch der Medienkonsum den Schlaf von Kindern erheblich beeinflussen kann, ist es wichtig, dass wir als Eltern wissen, was unsere Kinder schauen bzw. spielen, dass wir beunruhigende Nachrichten mit ihnen besprechen und die Dauer der Fernseh-/Tablet-/ Smartphonenutzung kritisch hinterfragen. - Angst vor Tieren & Naturgewalten. Häufig besteht eine ausgeprägte Angst vor Hunden. Bei den Naturgewalten sind Gewitter für viele Kinder angst-einflößend.
Es ist wichtig, dass wir unsere eventuell vorhandenen eigenen Ängste nicht auf unsere Kinder übertragen. Stattdessen sollten wir – wie bei allen Ängsten – Verständnis für unsere Kinder aufbringen. Bei dieser Art von Ängsten kann es durchaus hilfreich sein, wenn wir unseren Kindern kindgerecht und vereinfacht erklären, warum Tiere sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten (z.B. Jagdinstinkt) bzw. was genau bei einem Gewitter passiert, wie Blitz und Donner entstehen und welche möglichen Gefahren tatsächlich bestehen. Interessant kann es auch sein, unsere Kinder zu fragen, was genau sie befürchten. - Angst vor dem Verlaufen. Manche Kinder haben Angst, beispielsweise bei Wanderungen in für sie unbekannten Gegenden, den Weg nachhause nicht mehr zu finden, selbst wenn wir als Eltern dabei sind.
Häufig hilft die Schulung des Orientierungssinnes im Alltag, d.h. wir erzählen unseren Kindern, mit welcher S-Bahn wir gerade in welche Richtung fahren, wo wir aussteigen, woran wir uns selbst orientieren, finden gemeinsam markante Wegpunkte und scheuen uns notfalls auch nicht, andere nach dem Weg zu fragen.
Wenn wir genauer hinschauen, sind manche unserer Ängste als Eltern und die Ängste unserer Kinder gar nicht so verschieden. Ängste sind ein ganz normaler Teil unseres Lebens. Wir Erwachsenen haben gelernt, mit ihnen umzugehen und können unseren Kindern helfen, ebenfalls einen gesunden Umgang mit Ängsten zu finden.
Für den Fall, dass die Ängste Ihres Kindes Ihr Familienleben erheblich beeinträchtigen, biete ich Ihnen professionelle Hilfe an. Kontaktieren Sie mich!